Schillernde Farben, geheimnisvolle Tiefe und ein unverwechselbares Erbe – die Hinterglasmalerei prägt Murnau und die umliegenden Gemeinden seit Jahrhunderten. Doch was genau macht diese Technik so einzigartig, und warum ist sie gerade in dieser Region so tief verwurzelt?
Schon die Malerin Gabriele Münter bewunderte die schimmernden Meisterwerke Heinrich Rambolds, der im 19. Jahrhundert als einer der bekanntesten Hinterglasmaler galt. In seiner Werkstatt entstanden die gläsernen Bilder, die weit über die Grenzen Murnaus hinaus bekannt wurden. Münters Begeisterung für diese Kunstform trug dazu bei, das lokale Handwerk weiter bekannt zu machen und ihm eine kulturelle Bedeutung zu verleihen. Doch was genau macht es bis heute so faszinierend?
Hinterglasmalerei - ein brillantes Kunstwerk
„Es ist die Mischung aus Farbbrillanz, Detailtreue und geheimnisvoller Tiefenwirkung, die diese Kunstform so besonders macht“, schwärmt Christina Dichtl, Malerin und Bildhauerin aus Bad Bayersoien. Schon als Kind war sie von diesem Handwerk fasziniert. Denn jedes Bild wirkt, als seien die Farben direkt im Glas gefangen und würden von innen heraus strahlen.
Der besondere Effekt der Hinterglasmalerei ergibt sich aus ihrer speziellen Arbeitsweise. Das Bild wird dabei spiegelverkehrt auf die Rückseite des Glases gemalt. „Viele Künstler bevorzugen dabei altes Fensterglas, da durch die Lufteinschlüsse außergewöhnliche Strukturen entstehen“, erklärt Dichtl. Jeder Pinselstrich muss hierbei gut geplant sein, denn die ersten Konturen bleiben immer sichtbar. „Der Entwurf wird zunächst auf Pauspapier erstellt und dann vorsichtig auf das Glas übertragen“, sagt Dichtl. „Anders als bei einer Leinwand entstehen jedoch keine sichtbaren Pinselstrukturen auf der glatten Oberfläche.“
Sobald das Bild schließlich umgedreht wird, offenbart sich das finale Kunstwerk – für viele Künstler ist das der spannendste Augenblick. Ein einmal angefertigtes Motiv lässt sich außerdem ganz leicht in mehreren Varianten und Farbstimmungen reproduzieren. So ist die einfache Wiederholbarkeit ein großer Vorteil dieser Technik.
Hinterglaskunst im Schloßmuseum Murnau
Das Schloßmuseum Murnau widmet der Hinterglaskunst einen eigenen Raum, der neben regionalen Werken aus dem Staffelseegebiet und Augsburg auch internationale Hinterglasarbeiten präsentiert. Durch regelmäßig wechselnde Exponate bleibt die Ausstellung stets lebendig.
Besucher:innen können hier die Sammlungen von Udo und Hedi Dammert sowie Wilhelm Gartner bewundern, die nicht nur historische Werke, sondern auch moderne Interpretationen der Hinterglasmalerei umfasst. Namen wie Paul Klee, Oskar Schlemmer und August Macke bereichern die Ausstellung ebenso wie zeitgenössische Werke von Rupprecht Geiger, Max Mannheimer und Gerhard Richter.
Tradition und Moderne vereint
Mit der Zeit entwickelten sich die Technik und das Motivspektrum der Hinterglasmalerei weiter. Neben den traditionellen Darstellungen von Heiligen und sakralen Motiven gibt es heute eine Fülle an modernen Interpretationen: farbenfrohe Landschaften, lebhafte Porträts, abstrakte Kompositionen und vieles mehr. „Bei der Motivwahl gibt es eigentlich keine Grenzen“, betont Dichtl, deren eigene Werke noch bis zum 31.01.2025 in einer Ausstellung in der Goldschmiede Tom Fiedler zu sehen sind. Selbstverständlich können diese auch erworben werden – vielleicht mal ein etwas anderes Weihnachtsgeschenk.
Doch auch weitere Künstlerwerkstätten und Galerien in der Region laden Besucher ein, die Faszination der Hinterglasmalerei hautnah zu erleben. Sie schaffen einen lebendigen Zugang zu einem alten Handwerk, das Tradition und Moderne auf einmalige Weise miteinander verbindet und die kreative Seele Murnaus widerspiegelt.